Buchtipps & Veranstaltungen
Liebe Leser:innen!
Hier finden Sie ausgewählte Buchtipps unseres Teams und zu gegebener Zeit wieder Veranstaltungen der Bücherei!
Veranstaltungen
LESETIPP "Ein Wochenende" von Charlotte Wood
Mit viel Feingefühl, aber auch Humor wird beschrieben, wie nach dem Tod von Sylvie die zurückbleibenden Freundinnen Jude – kultivierte Gastronomin; Adele – einst gefeierte Schauspielerin; und Wendy – die Intellektuelle alle Ü70-jährig, damit umgehen.
An einem gemeinsamen Wochenende zum Ausräumen von Sylvies Strandhaus, in dem sie alle viel Zeit miteinander verbracht haben, fördern ein Übermaß an Wein und ungebetene Gäste ein wohlgehütetes Geheimnis zutage, die die jahrelange Freundschaft arg auf die Probe stellt.
Jede erinnert sich an die Zeit mit Sylvie. Jede trauert anders um die Freundin und versucht deren Tod zu verarbeiten. Alle kämpfen mit einen Sorgen und Nöten. So geht es u.a. um den altersschwachen Hund Finn, um drohende Obdachlosigkeit oder ein Leben als ewige Geliebte.
Die Gedanken der Frauen sind teilweise recht bösartig, sie nerven sich, sind neidisch, lästern und fühlen sie bevormundet, bemuttert oder zu wenig respektiert.
Was für ein Wochenende!
Die Autorin hat in dieser kurzen Geschichte einen wunderbar bissigen Schreibstil eingesetzt, der perfekt auf das Alter der Frauen und die komplette Situation abgestimmt ist.
LESETIPP "Das leise Platzen unserer Träume" von Eva Lohmann
Das kinderlose Ehepaar David und Jule hat sich einen Traum erfüllt und ist aufs Land in einen alten Bauernhof gezogen. Während Jule versucht mit ihrer neuen Umgebung vertraut zu werden und im örtlichen Gutshof als Köchin arbeitet praktiziert David weiterhin als Anästhesist in der nahegelegenen Stadt und hat eine heimliche Beziehung mit Hellen, der alleinerziehenden Mutter zweier Kinder.
Der Versuch von David und Jule durch eine Veränderung der äußeren Umstände ihre Beziehung zu retten, scheint immer mehr fehlzuschlagen, die Enttäuschung über den unerfüllten Kinderwunsch nimmt einen zu großen Platz ein und das Schweigen wird zu einem ständigen Begleiter.
David meint bei seiner Geliebten das zu finden, was er bei Jule längst verloren hat. Hellen hat sich freigeschwommen, hat sich nach der Trennung von ihrem Mann ein neues Leben aufgebaut, mit vielen Einschränkungen, dafür aber selbstbestimmt.
Hellen weiß von Davids Leben mit Jule, Jule dagegen bleibt zunächst im Ungewissen, ständig in der Hoffnung lebend, dass sich an ihrer totgelaufenen Ehe doch noch etwas zum Guten ändert.
Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive beider Frauen.
Es ist ein sehr ruhiger und einfühlsamer Roman über die Planbarkeit eines konventionellen Lebens mit oder ohne Kinder, mit oder ohne Partner – oder eben auch nicht.
LESETIPP "Lass mich dir von einem Mann erzählen, den ich kannte" von Susan Fletcher
„Komm, setzt dich zu mir. Lass mich dir von einem Mann erzählen. Einem Mann, den ich kannte.“
Dies sagt die Protagonistin des Romans – Jeanne Trabuc – zu ihrem Enkel im letzten Kapitel des Buches. Der Mann, von dem sie erzählen möchte, ist Vincent van Gogh.
Jeanne Trabuc ist die Frau des Leiters der Heilanstalt in Saint-Remy - de - Provence, Charles Trabuc. Sie ist 55 Jahre alt, die Kinder sind erwachsen und ihr Leben ist ziemlich einsam geworden. Als van Gogh in die Heilanstalt kommt, seit Jahren der erste neue Patient, besucht sie ihn, trotz des Verbotes ihres Mannes, im Garten der Anstalt. Dort hat van Gogh seine Staffelei aufgebaut, um zu malen. Die Gespräche mit ihm wecken in ihr Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend und Stück für Stück erfährt man, was sie erlebt hat und was sie bewegt. Aber auch die aktuelle Gemütslage von van Gogh ist in den Gesprächen präsent.
Im Focus des Romans steht Jeanne, ihr Leben, ihre Gefühle. Diese verknüpft die Autorin auf
einfühlsame Weise mit den Problemen und Gefühlen van Goghs in diesem Jahr seines Aufenthaltes in der Anstalt. Die Informationen über van Gogh entnahm Susan Fletcher dem Briefwechsel zwischen Vincent und seinem Bruder Theo.
Es ist ein unaufgeregter und einfühlsam geschriebener Roman – absolut interessant und lesenswert.
LESETIPP "The Marmalade Diaries" von Ben Aitken
Ben ist Mitte Dreißig und auf der Suche nach einer Wohnung. In London. Bezahlbar. Er stößt auf eine Anzeige für ein ausgeschriebenes Zimmer in Wimbledon. Bei Winnie, Mitte Achtzig. Die Lage des Hauses, das Zimmer entpuppt sich als Wohnung – für Ben zu schön um wahr zu sein. So dass er ziemlich schnell einen Haken an der Sache wittert. Es stellt sich heraus, Winnie selbst ist der Haken. Sie lebt bisher selbstständig, versorgt sich, Haus und Garten alleine und will sich partout nicht damit anfreunden, dass ihre Kinder ihr einen Mitbewohner aufdrängen, nachdem ihr Mann verstorben ist. Aber sie ist eben nicht mehr die jüngste. Außerdem ruppig, kantig, eigensinnig, herrlich schräg und eigentlich doch ganz sympathisch.
Die Annäherung Bens und Winnies, das unausweichliche permanente Zusammensein während des Lockdowns, die Problematik um Corona, all das beschreibt Ben Aitken im Tagebuchstil ironisch witzig und doch bitter ernst.
Winnie, die zunehmend weniger mit den Problemen des Alltags zurechtkommt und Ben, der manches Problem erst im Nachhinein erkennt, wenn der Schaden bereits entstanden ist.
Wie die Annäherung gelingt, wie beide während der Ausgangssperre miteinander zurechtkommen und wie Ben sich das Angebot von Winnies leckerer Orangenmarmelade erst verdienen muss, ist auch nach Corona unterhaltsamer Lesestoff.